Ein extrem anstrengender Tag für Gerlinde und David und ein furchtbar spannender Tag für uns im Basislager liegt hinter uns.
Es hatte strahlend angefangen; nämlich gestern abend mit einem völligen Aufklaren und einer wunderbaren Abendstimmung, die später in frische, kalte Luft mit brilliantem Sternenhimmel übergegangen
war. Als ich um 01:30 Uhr vor lauter Nervosität zum ersten Mal vor dem Zelt stand noch das gleiche Bild: Sterne und Sternennebel so weit das Auge reicht.
Um 2:45 Uhr stehe ich wieder draußen und schaue nach oben; im Schlafsack war es mir schlagartig zu warm geworden – und tatsächlich hatte es fast völlig zugezogen. Charly hatte zwar noch ein
Feuchtigkeitsband vom Süden Pakistans bis zum K2 angekündigt, aber dass es mitten in der Nacht zuzieht war doch etwas beunruhigend.
Mit dem Hellwerden dann aufgelockerte Cumuli-Bewölkung – doch gar nicht so schlecht. Der Broad Peak nebenan passt gerade noch unter die Bewölkung und seine Gipfel sind frei. Um 7:00 Uhr kann ich
zum ersten Mal mit Gerlinde und David reden: Außer einigen Böen, die ziemlich am Zelt gerüttelt haben war es eine ruhige Nacht und sie konnten sogar enigermassen schlafen. Sie sind guter
Dinge!
Die ersten Sonnenstrahlen konnten ihr Zelt und das von Fabrizio um 8:00 Uhr erreichen, wie wir hier unten mit dem Fernglas verfolgen können. Als die drei um ca. 9:00 Uhr ihren Biwakplatz
verliessen fing es leider an zu zu ziehen. Der K2 macht dem Fitz Roy in Patagonien alle Ehre; der ursprünglich Name des Fitz „El Chalten“ bedeutet „der Rauchende“. Es „raucht“ von der Magic Line
über die Cesen-Route und den Abruzzen-Grat oberhalb von 7000 m. Fast den ganzem Tag. Zwar können wir immer wieder durch kleine Wolkenlöcher die steile, kombinierte Rampe von Lager III zur
Schulter erkennen. Aber Gerlinde und die beiden Männer bleiben im Verborgenen.
Als sich Gerlinde um 12:10 am Funkgerät meldet bin ich erleichtert. „Leider kommen wir nicht so gut voran wie erhofft. Der Fels ist sehr brüchig und die beste Aufstiegsroute nicht einfach zu
finden.“ Immer wieder würden alte Fixseile zwar den Weg weissen, aber als Fixseile sind diese von der UV-Strahlung stark versprödeten Polypropylen-Seile nicht zu gebrauchen. (Oftmals reicht ein
halbes Jahr starker Sonnenstrahlung auf knapp 8000 m Höhe um aus einem Seil mit ehemals 1000kg Bruchlast nur noch Schrott zu machen.
Fast den ganzen Nachmittag über können wir weder jemanden im Fels erkennen noch am Funkgerät etwas hören. Erst um 17:00 Uhr sehe ich am Beginn der abschliessenden Schneeflanke zur Schulter
Gerlinde und David – und weit zurückgefallen Fabrizio. Die ansruchsvollsten Passagen im Kombi-Gelände haben sie hinter sich. Sie werden aber noch mindestens eine Stunde bis zur Schulter
brauchen.
Und tatsächlich, vor wenigen Minuten, kurz nach 18:00 Uhr, meldete sich Gerlinde „Sind am Beginn der Schulter angekommen. Es war sehr, sehr anstregend zu zweit alles zu spuren“. Im Hintergrund
höre ich das Rauschen des Windes, es muss an dieser ausgesetzten Ecke des K2 sehr stark blasen. Sie wollen jetzt erst mal ihr Minizelt aufbauen, Schnee schmelzen und etwas Flüssigkeit zu sich
nehmen und sich dann nochmals melden. „Gutes Zeltaufbauen“ wünsche ich den Beiden – wohlwissend wie hart das bei diesem Wind noch wird.
Für morgen hat Charly – Dr. Karl Gabl – nochmals die zu erwartenden Feuchtewerte und die Windgeschwindigkeiten durchgegeben. Es sieht gut aus für morgen. Jetzt müssen sich Gerlinde und David aber
erst mal von den Strapazen des heutigen Tages erholen und vor allem genügend Flüssigkeit zu sich nehmen. Wann und wie es morgen weiter geht werde ich später noch von Gerlinde hören und morgen
vormittag in einem ersten Zwischenbericht mitteilen.
Allerbeste Grüße – nach einem deutlichen Abfallen der Anspannung, freue mich riesig, dass die beiden gut bis zur Schulter hinaufgeklettert sind,
Ralf Dujmovits